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Chemie trifft Kunst
HHU-Chemiker arbeitet mit japanischem Künstler zusammen

Kunst und Wissenschaft treffen sich auf der Aichi Triennale in Japan. Der Chemiker Dr. Bernd M. Schmidt von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat gemeinsam mit dem japanischen Künstler Yuki Okumura ein Element für ein Kunstwerk für das Festival hergestellt: Eine Neuinterpretation eines historischen Werkes des verstorbenen britischen Künstlers John Latham, bei dem zerkaute Buchseiten zu Alkohol vergoren wurden.

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Der japanische Künstler Yuki Okumura (links) und HHU-Chemiker Dr. Bernd M. Schmidt im Labor von Schmidts Arbeitsgruppe. (Foto: HHU / Bernd M. Schmidt)

Für seine Installation mit gemischten Medien „7,502,733“ (2021-2022), wählte Okumura 30 Werke aus, die 1969 in der Ausstellung „557,087" im Seattle Art Museum Pavillon gezeigt wurden. Im Gegensatz zu traditionellen Kunstformen wie Malerei und Bildhauerei wurden die ausgewählten, sogenannten konzeptuellen Werke der Ausstellung 1969 alle nach einer Reihe von einfachen Regeln ausgeführt, die die Künstler damals begannen, als „Anweisungen“ zu bezeichnen.

Okumura reaktivierte die 30 Verfahren fast vollständig im Alleingang als Versuch, die 30 Künstler durch „meinen lebenden Körper hier und jetzt als gemeinsames Vehikel zu verbinden", so der Künstler. Davon wurde John Lathams (1921-2006) Arbeit „Art and Culture“ von 1966-1969 von dem Künstler zusammen mit dem HHU-Nachwuchsgruppenleiter Dr. Bernd M. Schmidt vom Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie in den Düsseldorfer Chemielaboren überarbeitet.

Dazu Dr. Schmidt: „Ich habe Yuki Okumura über eine gemeinsame Bekannte berichtet, er hat mir erstmals online von seiner Projektidee berichtete. Mir wurde schnell klar, dass chemische Expertise notwendig ist, damit die Neuinterpretation der Latham-Arbeit gefahrlos gelingen kann. Da mich das Projekt faszinierte, habe ich Okumura eine Zusammenarbeit angeboten. Er ist dafür mehrfach nach Düsseldorf gereist.“

In der ursprünglichen Arbeit 1966-1969 zerkaute Latham mit anderen Personen ausgewählte Seiten eines Buches des amerikanischen Kunstkritikers Clement Greenberg mit dem Titel „Art and Culture“ – hierauf geht auch der Name der Arbeit von Latham zurück.

In seiner Neuinterpretation, die in Absprache mit dem John Latham Estate entstand, wählte Okumura einige Bücher über John Lathams Praxis aus, riss Seiten heraus, die sich auf die ursprüngliche Arbeit bezogen und zerkaute diese.

Mit diesem Grundstoff reiste er nach Düsseldorf. In Schmidts Labor wurden die zerkauten Buchseiten – die zum größten Teil aus Zellulose bestehen – in konzentrierter Schwefelsäure aufgeschlossen, die anschließend wieder mit Natriumbikarbonat neutralisiert wurde. Die so gewonnenen Einfach- und Zweifachzucker wurden dann mehrere Wochen lang durch Gärhefen vergoren. Schließlich wurde der Alkohol, den die Hefen durch Verdauung der Buchseiten produziert hatten, destilliert.

Am Ende stand ein Laborgefäß mit einer klaren alkoholischen Flüssigkeit, die brot-hefeartig riecht. Okumura stellt dieses Gefäß zusammen mit einem ausführlichen Laborbericht mit HHU-Logo und Fotos vom Entstehungsprozess in einer Vitrine auf der Triennale aus. Sie steht in einem Ensemble mit anderen Werkteilen, die ebenfalls aus Neuinterpretationen des Künstlers von anderen Werken der Ausstellung von 1969 hervorgegangen sind.

Bernd Schmidt: „Es war faszinierend, als Chemiker an einem Kunstprojekt beteiligt zu sein und dort naturwissenschaftliche Expertise einbringen zu können. Durch diese Zusammenarbeit und quasi den Transfer zwischen den Disziplinen wird die HHU auch im internationalen Kunstkontext bekannter.“

Zum Künstler

Yuki Okumura (geboren 1979 in Aomori, Japan) ist ein zeitgenössischer japanischer Künstler. Viele Galerien und Museen, wie das Museum für zeitgenössische Kunst in Tokio und das WIELS in Brüssel, haben seine Arbeiten in der Vergangenheit ausgestellt. Okumuras Projekte haben in erster Linie die Form von performativen Aktionen, mit denen er die Identität jenseits der Vorstellung von Individualität, die normalerweise auf der physischen Abgrenzung unserer Körper beruht, neu definiert, wobei er die Kunstgeschichte als Testfeld für die menschliche Gesellschaft im Allgemeinen nutzt. Okumura wird von MISAKO & ROSEN, Tokio, vertreten.

Weitere Informationen

Die Aichi Triennale

Die alle drei Jahre stattfindende Aichi Triennale ist eines der größten internationalen Kunstfestivals in Japan. Zahlreiche Künstler aus Japan und dem Ausland präsentieren dort innovative Kunst, die sich über verschiedene Genres wie zeitgenössische Kunst, darstellende Kunst und Lernprogramme erstreckt.

Die aktuelle Ausgabe wird von Mami Kataoka geleitet, Yuki Okumuras Installation wird von Fumiko Nakamura kuratiert. Die betreffende Installation ist noch bis zum 10. Oktober 2022 im 10. Stock des Aichi Arts Center (Aichi Prefectural Museum of Art) in Nagoya zu sehen.

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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Auch in Englisch, Chemie Aktuelles, Alumni-News
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Dr. Schmidt löst die zerkauten Buchseiten in Schwefelsäure. (Foto: Yuki Okumura)

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Das fertige Produkt: Ein Laborgefäß mit der alkoholischen Flüssigkeit, die durch die Vergärung zerkauter Buchseiten entstanden ist. (Foto: Yuki Okumura)

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Die Präsentation des in Düsseldorf entstandenen Elements auf der Aichi Triennale 2022 im japanischen Nagoya. (Foto: Yuki Okumura)

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